„Braunes Erbe“: Vom Umgang deutscher Unternehmerdynastien mit ihrer Vergangenheit

Boten einen interessanten Informationsaustausch in der voll besetzten Zentrumsbibliothek: Der Autor David de Jong (Dritter von links) diskutierte mit dem Antidiskriminierungsbeauftragten der Landesregierung, Dr. Michael Blume (Zweiter von links). Anwesend war auch Frank Sholtys von der Porsche AG. Zur Einführung sprach Schulleiterin Birgit Bürk.

Geschichtsunterricht einmal anders bot der niederländische Finanzjournalist David de Jong unseren Schülern in der Zentrumsbibliothek: Er stellte sein im Frühjahr 2022 erschienenes Buches „Braunes Erbe. Die dunkle Geschichte der reichsten deutschen Unternehmerdynastien“ vor und diskutierte mit ihnen seine Erkenntnisse. Für de Jong war es die erste Veranstaltung mit Schülern überhaupt. Möglich wurde die Veranstaltung durch private Kontakte unseres BWL-Lehrers Thomas Kögler mit der Adolf Rosenberger gGmbH. Durch die Veranstaltung führte der Beauftragte der Landesregierung gegen Antisemitismus, Dr. Michael Blume. Anwesend waren auch Vertreter des Automobilherstellers Porsche: Frank Scholtys, Leiter Strategie, Planung und Investor Relations, und Frank Jung, Leiter des Unternehmensarchivs und des History Services.

Schulleiterin Birgit Bürk wies bei ihrer Einführung darauf hin, dass gerade die Autofirmen in der Region vielfach sehr präsent seien als „Beispielgeber“ im Unterricht, sie aber eben auch Teil der deutschen Geschichte seien. Diese Zusammenhänge zu beleuchten sei sehr spannend. De Jong recherchierte vier Jahre in Berlin für sein Buch, wie die reichsten deutschen Unternehmerdynastien Quandt, Flick, von Finck, Porsche-Piech, Oetker und Reimann mit ihrer Vergangenheit im Dritten Reich umgehen.

Firmen wie Porsche seien in der Nazi- und Nachkriegszeit gewachsen, so Blume. Sie hätten sich inzwischen auch mit ihrer Verstrickung mit dem NS-Regime auseinandersetzt. Dies sei in einigen Fällen sehr gut aufgearbeitet worden, in anderen nicht. De Jong fordert deshalb eine stärkere Transparenz der Ergebnisse aus diesen Studien gegenüber Kunden und Aktionären. Häufig würden die Ergebnisse jedoch letzten Endes ignoriert und eben nicht einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Der Antidiskriminierungs-beauftragte Dr. Blume hielt es in seinem Schlussstatement sogar für möglich, dass „den Firmen mehr Reputation zukommen könnte, die sich dem stellen. Da verändert sich etwas“.

Als vorbildlich bewertete der Finanzjournalist den Umgang der Firma Porsche mit der Auseinander-setzung der eigenen Familiengeschichte. Porsche habe sich entschlossen, zusammen mit der Adolf Rosenberger gGmbH das Schicksal des früheren Teilhabers aufzuarbeiten. Rosenberger war 1930 Mitgründer und Finanzier der Porsche GmbH, dann aber als Jude im Dritten Reich verfolgt und im KZ eingesperrt. Letztlich wurde er aus seiner Heimat vertrieben und baute sich in den USA eine neue Existenz auf.

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Vertreter der Adolf Rosenberger gGmbH waren zu der Veranstaltung auch eingeladen. Allerdings sorgte Glatteis auf der Autobahn dafür, dass Dr. Christoph Rückel, Aufsichtsratsvorsitzender, und seine Frau Michaela Holz-Rückel, Geschäftsführerin, absagen musste. Ebenfalls eingeladen und krankheitsbedingt absagen musste Hanna Veiler, die Vizepräsidentin der Jüdischen Studentenunion Deutschland. Aufgrund des großen Schülerinteresses fand die Veranstaltung direkt zweimal hintereinander an einem Vormittag statt.

Gefragter Diskussionspartner: Manch ein Schüler nutzte auch nach der Diskussion die Chance mit dem Antidiskrimnierungsbeauftragten zu sprechen.

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